Der sogenannte Erblasser hat die Möglichkeit, via Testament oder Erbvertrag frei festzulegen, wer sein Vermögen erben soll beziehungsweise, wen er enterben möchte. Das Erbrecht räumt engen Verwandten jedoch einen sogenannten Pflichtteil ein. Dazu zählen Kinder, Ehepartner, eingetragene Lebenspartner oder Eltern und Enkelkinder eines Erblassers. Dieser steht ihnen im Falle einer Enterbung zu. Schwestern und Brüder des Erblassers haben keinen Anspruch auf einen Pflichtteil, es ist daher nicht notwendig Geschwister zu enterben.
Wie kann man Kinder enterben?
Sobald jemand seine Kinder enterben möchte, wählt der Erblasser eine entsprechende Formulierung im Testament, beispielsweise: „Mein Kind (Name) soll nichts erben.“ Einen Grund für diesen Entschluss muss der Erblasser nicht nennen. Als Pflichtteilsberechtigter erhält das Kind nur noch den Pflichtteil.
Was fällt alles in den Pflichtteil?
In den Pflichtteil fallen alle vererblichen Vermögenswerte, wie beispielsweise:
Nicht in den Pflichtteil fallen hingegen Vermögensteile, die nicht vererbt werden können – beispielsweise das Wohnrecht oder Nießbrauchrecht für eine Immobilie.
Wie hoch ist der Pflichtteil bei Enterbung?
Der Pflichtteil beträgt 50 Prozent des gesetzlichen Erbteils des Erbberechtigten. Wie hoch der Pflichtteil am gesamten Nachlass ist, hängt auch davon ab, wie viele Erbberechtigte es gibt.
Beispiele:
Die unverheiratete Mutter einer Tochter hinterlässt 100.000 Euro. Laut Erbquote würde die Tochter als Alleinerbin 100 Prozent des Nachlasses erhalten. Schließt die Mutter ihre Tochter als Erbin jedoch per Testament aus, steht dieser nur noch die Hälfte zu, also 50.000 Euro.
Der unverheiratete Vater von zwei Söhnen hinterlässt 100.000 Euro. Beiden Söhnen stehen laut Erbquote jeweils 50 Prozent des Nachlasses zu. Einen der Söhne enterbt der Vater jedoch per Testament. Dadurch enthält dieser nur ¼ des Nachlasses. Der Erbteil des nicht enterbten Sohnes erhöht sich entsprechend auf ¾.
Der verheiratete Vater (Zugewinngemeinschaft) von drei Kindern vererbt 100.000 Euro. Durch die Zugewinngemeinschaft würden der Ehefrau 50 Prozent des Erbes zufallen, den Kindern jeweils ⅓ der restlichen 50 Prozent. Also bekäme jedes Kind rund 16.666 € vom gesamten Vermögen. Setzt der Vater seine Ehefrau als Alleinerbin ein, beträgt der Pflichtteil der Kinder am Gesamtvermögen jeweils 1/12.
Ist es möglich, jemanden vom Pflichtteil auszuschließen?
Ja, laut § 2333 BGB (Entziehung des Pflichtteils) ist es aus verschiedenen Gründen möglich, einen Abkömmling komplett vom Erbe auszuschließen, also auch vom Pflichtteil zu enterben.
Welche Gründe rechtfertigen eine Enterbung laut BGB?
Der Abkömmling hat versucht, den Erblasser selbst, dessen Ehegatten, einen anderen Abkömmling oder eine Person, die dem Erblasser nahesteht, zu töten oder ein schweres Verbrechen oder schweres vorsätzliches Vergehen anzutun.
Der Abkömmling hat dem Erblasser gegenüber seine gesetzliche Unterhaltspflicht böswillig verletzt.
Der Abkömmling hat eine vorsätzliche Straftat begangen und ist per Gericht zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwölf Monaten rechtskräftig verurteilt worden, wodurch seine Teilhabe am Erbteil eine Unzumutbarkeit für den Erblasser darstellen würde. Das Gleiche gilt, wenn der Abkömmling aus ähnlichen Gründen per Gericht in einer Entziehungsanstalt oder einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht ist.
Gut zu wissen:
Wer einem Abkömmling seinen Pflichtteil entziehen möchte, muss dies ausdrücklich in seinem Testament oder Erbvertrag festhalten und Gründe (Unzumutbarkeit) für diesen Entschluss nennen. Es ist also beispielsweise nicht möglich, einen Sohn zu enterben und dies mit grobem Undank zu begründen.
Auch potenzielle andere Erben können nach dem Tod des Erblasser Abkömmlinge wie ein Kind vom Erbe ausschließen, weil es per Gesetz als erbunwürdig gilt. In welchen Fällen dies möglich ist, regelt § 2339 BGBG (Gründe für Erbunwürdigkeit).
Wer erbt bei einer Enterbung?
Wird ein Abkömmling enterbt, erben seinen Anteil diejenigen, die dazu laut gesetzlicher Erbfolge berechtigt sind. An wen das Erbe im Falle einer Enterbung fällt, hängt von der Familienkonstellation des Erblassers und dessen Verfügung ab.
Enterbt beispielsweise ein verwitweter Vater von zwei Kindern eines seiner Kinder via Testament, erhält dieses nur den Pflichtteil von ¼ des Erbes. Das andere Kind wird damit zum Alleinerben und erhält ¾ des Nachlasses. Ein Erblasser kann eine Person – auch außerhalb der Erbfolge – als Alleinerben bestimmen. Diese erhält im Todesfall des Erblassers das gesamte Vermögen abzüglich der Anteile der Pflichtteilsberechtigten. Setzt ein Vater von zwei Kindern beispielsweise seine Lebensgefährtin als Alleinerbin ein, erbt diese ½ des Erbes, die Kinder erhalten je einen Pflichtteil von ¼.
Hinweis:
Nach § 1938 BGB ist es übrigens möglich, einen „[…] Verwandten, den Ehegatten oder den Lebenspartner von der gesetzlichen Erbfolge aus[zu]schließen, ohne einen Erben einzusetzen.“
Wer per Erbvertrag oder Testament von einem Nachlass ausgeschlossen wird, wird darüber in der Regel vom Nachlassgericht informiert. Das Nachlassgericht ist laut § 348 FamFG dazu verpflichtet, alle an einem Erbfall beteiligte Personen über den Inhalt eines Erbvertrages oder Testamentes schriftlich in Kenntnis zu setzen. Dafür ermittelt das Nachlassgericht alle Personen, die ein Recht darauf haben, den Inhalt des Testaments zu kennen. Dazu gehören vor allem die nächsten Verwandten des Erblassers.
Wichtig: Wer enterbt wird, muss seinen Pflichtteil aktiv einfordern.
Was macht das Nachlassgericht?
Aufgabe des Nachlassgerichts ist es, einen Erbfall formal sauber abzuwickeln. Zu den einzelnen Aufgaben des Gerichts gehören daher die folgenden:
Aufbewahrung von Erbverträgen und Testamenten
Testamentseröffnungen
Recherche von Erben
Ausstellung von Erbscheinen
Nachlasssicherung und Nachlassverwaltung
Muss ich eine Immobilie verkaufen, um den Pflichtteil auszuzahlen?